Mein Krankheitsweg/ Fortschritte durch die Guaifenesintherapie
Judith Dagota ( Judith Dagota ist mein Pseudonym, welches ich für mein erstes Buch "Fluch der Kindheit" verwendete, da ich mich noch nicht so stark fühlte, mich völlig öffentlich zu meinem missbrauchten Leben zu bekennen )
Wenn ich zurückblicke, erinnere auch ich mich, bereits seit der Kindheit an Symptomen der Fibromyalgie gelitten zu haben. Als Kriegskind zwischen zwei Bombennächten zur Welt gekommen, war sicher auch die vorzeitige Geburt auf den extremen Stress, dem Mutter und Kind ausgesetzt waren zurückzuführen. Mein großes Glück war, dass mich meine Mutti voll stillen konnte. Dennoch schien mein Immunsystem geschwächt. Hautentzündungen und eine schwere Mittelohrvereiterung bereits im Kleinkindalter deuteten darauf hin. Beide Erkrankungen manifestierten sich, so dass Beschwerden dieser Art mich lebenslang begleiteten
.Im Alter von acht Jahren kamen sogenannte Wachstumsschmerzen hinzu. Meine Eltern nannten diese Beschwerden „Reißen". Einreibungen mit stinkenden Salben brachten kurzzeitige Linderung. Als ich zehn Jahre alt war, litt ich, vermutlich durch sexuellen Missbrauch ausgelöst, unter ständigen Einschlafstörungen und wohl infolgedessen unter täglichen Kopfschmerzen. Solche Symptome ärztlich behandeln zu lassen, war zu jener Zeit nicht üblich. Ein eigenartiger Drehschwindel, der mich des Nachts während des Drehens im Bett überfiel und mich blitzartig zum Aufsitzen zwang, war ein weiteres Symptom.
Mit zwölf Jahren überkamen mich nach dem Essen die ersten Symptome von belastendem Völlegefühl und zeitweiliger Übelkeit mit Blähungen. In diesem Zeitraum grasierten in unserem Ort die Masern. Auch da griff ich wohl voll zu, denn ich war gezwungen, doppelt so lange wie die übrigen Schüler dem Unterricht fernzubleiben. Immer wiederkehrende Schmerzen im Bereich der Harnorgane sowie häufige Stuhlverstopfungen belasteten mich ebenfalls.
Besonders intensiv erinnere ich mich an laufende Fußprobleme, die sich auch nach dem Tragen von Einlagen nicht besserten. Wir schoben diese Schmerzen auf das schlechte Schuhwerk, welches uns damals nur zur Verfügung stand. Diese Beschwerden, die ich zunächst nur in den Gelenken der Füße hatte, breiteten sich, als ich 16 Jahre alt war, auch auf die Hände, Beine und Arme aus. So bekam ich seit diesem Zeitraum immer wieder und ohne ersichtlichen Grund stark geschwollene, gerötete und heiße Kniegelenke. Die begleitenden Schmerzen waren zum Glück erträglich. Bewegungsschmerzen und „Reißen" linderte ich nun meist erfolgreich mit Wärmeanwendungen. Auch Sehnenscheidenentzündungen plagten mich häufig wiederkehrend. Doch wegen all der genannten Beschwerden einen Arzt aufzusuchen, hielten meine Eltern zur damaligen Zeit nicht für notwendig, denn der gesamte Gesundheitsbereich lag aufgrund der Folgen des Krieges und der Nachkriegszeit noch sehr im Argen. So war es üblich, mäßig stark verlaufende Krankheiten mit Hausmitteln selbst zu behandeln oder einfach zu ignorieren.
Während ich nach meiner ersten Mittelohrvereiterung im Kleinkindalter immer wieder unter Ohrenschmerzen und zeitweiliger Schwerhörigkeit zu leiden hatte, bekam ich mit sechzehn Jahren meine zweite sehr schwere Mittelohrvereiterung. Im Nachhinein ist mir klar, dass ich unwahrscheinliches Glück hatte, nach diesem Infekt wieder zu genesen. Denn die gebliebene mittelschwere Störung des Gehörorgans ist wenig im Vergleich zu der Schwere des Verlaufs der Krankheit. Ich hätte damals eindeutig in ein Krankenhaus gehört, nachdem sich vierzehn Tage lang ständig neuer Eiter bildete, die Temperatur täglich über neununddreißig Grad anstieg und eine Kieferklemme die Nahrungsaufnahme sehr erschwerte. Ich habe damals gelernt, mit stärksten Schmerzen zu leben. Aber in meinem Elternhaus kannte man keine Wehleidigkeit und auch bei diesen Symptomen genügte ein einmaliger Arztbesuch. Dieser war nötig, um der Mittelschule zur Begründung meines Fehlens vom Unterricht einen Beleg vorlegen zu können.
Bis zur Volljährigkeit litt ich noch zweimal an Infekten, die eitrige Mittelohrentzündungen verursachten, aber niemals wieder von derartig extremer Schwere. Außer einer akuten Nasenebenhöhlenentzündung, behandlungsbedürftigen Durchblutungsstörungen, leichte depressive Verstimmungen und intensive Schmerzen bei den Regelblutungen schien mich jedoch diese Altersstufe vor weiteren Symptomen der Fibromyalgie zu verschonen.
Mit der Gründung einer eigenen Familie beschritt ich aber einen Lebensweg, der die Vielseitigkeit der Symptome der Fibromyalgie ständig mehr zum Ausdruck brachte.
Sätze wie: „Du hast ja dauernd etwas anderes!" „Du kennst dich wohl mit jeder Krankheit aus!" -oder wie mein Bruder zu mir sagte: „Komisch, was du so alles hast!" belasteten mich sehr. Noch mehr belasteten mich aber die Aussagen meiner Hausärzte, die sämtliche Beschwerden auf meinen Beruf schoben: „Ach Sie sind Lehrerin, nun dann sind das, was Sie haben, vegetative Störungen. Da brauchen Sie sich also keine Sorgen zu machen!" Doch Sorgen machte ich mir sehr, denn ich begann zu grübeln, welche Ursache all diese „Wehwehchen" haben könnten. Natürlich fand ich nicht die wirkliche Ursache, hatte aber allmählich das Gefühl, dass nun auch noch mein Verstand versage, ich allmählich geisteskrank werde. Und ich versuchte immer mehr, meine körperlichen und psychischen Beschwerden zu verbergen.
Als sich ärztlicherseits eine dringende Auszeit meiner beruflichen Tätigkeit erforderlich macht, beschließen mein Mann und ich, die Geburt unseres zweiten Kindes als Vorwand zur Kündigung meiner Arbeit zu benutzen.
Ich möchte an dieser Stelle kurz auflisten, von welchen Krankheitssymtomen ich während der ersten 20 Jahre meiner Ehe betroffen bin:
Im ersten Drittel der ersten Schwangerschaft tägliches Erbrechen bis zu sechzig mal,
nach Behandlung tägliches Erbrechen noch bis zu zwanzig mal;
Frühgeburt im siebenten Monat;
Eine akute Magenschleimhautentzündung geht in eine chronische über, die sich über vier Jahre jeder Therapie widersetzt;
Gewichtsabnahme bis zu fünfundzwanzig kg unter dem Normalgewicht;
Ausbruch der schweren Krankheit „ Morbus Meniere`", einer Erkrankung des Gleichgewichtsorgans, die mich anfallartig immer wieder völlig erschöpft zum Liegen zwingt und erst im Alter von sechzig Jahren schwächer wird. Innerhalb der Guaifenesintherapie ab meinem vierundsechzigsten Lebensjahr klingt diese Krankheit allmählich aus.
Erste Anfälle von Migräne mit Aura;
Verschiedene Allergien;
Wiederholte Tubenkartharre mit Hörstörungen und Hörgeräuschen;
Ab diesem Zeitraum zunächst zeitweiliger Tinitus, später ununterbrochen bis zu drei verschiedene Arten von Tinitus;
Beginn von unerklärlichen Sehstörungen, die mit Brennen und häufigem Tränen der Augen verbunden waren sowie unscharfes,verschwommenes Sehen und Sehen mit Schleier vor den Augen;
Häufige Zahnprobleme;
Beginn von galleartigen Koliken ohne diagnostizierbare Symptome;
Erste Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und in der Leistengegend;
Nach abermaliger Frühgeburt und sechsjähriger Arbeitspause leichte Besserung der bisherigen Symptome;
Normalisierung des Körpergewichts;
Nach Todesfall einer Tante erste mehrmonatige schwere Depression;
Wiederaufnahme meiner Lehrertätigkeit in verkürzter Form;
Beginn von häufigen Infekten der oberen Luftwege;
Nach längerem grippalen Infekt Beginn von chronisch rheumatischen Schmerzen in Füßen und Händen ohne Anzeichen dafür im Blutbild;
Entfernen der Mandeln mit 38 Jahren
Die rheumatischen Schmerzen verschwinden kurzzeitig, die Infekte, besonders im Hals- und Rachenbereich werden ständig stärker;
Dadurch beginnen ganz allmählich einsetzende chronisch vegetative Störungen der Stimmbänder, so dass mein Unterricht, insbesondere der Musikunterricht stark erschwert wird;
Häufige Erschöpfungszustände;
Des Nachts beginnen durch Spannungszustände, Rest leg's und chronisch verstopfter Nase weitere Störungen des Schlafverlaufs;
Längere depressive Phasen;
Nach sechswöchiger kurmäßiger Stimmtherapie leichte Verbesserung, doch bald abermalige weitere Verschlechterung des bisherigen Befindens;
Im nächsten Bericht geht es weiter